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Der Preußenschlag


1932 nahm Preußen etwa drei Fünftel des Gebiets und der Bevölkerung des Deutschen Reiches ein und war darüber hinaus seit Beginn der Weimarer Republik fest in der Hand demokratisch gesinnter Parteien. Während die Staatsregierung ständig neu gewählt werden musste und sich zwischen 1919 und 1932, zwischen Scheidemann und Papen, 19 Kabinette die Klinke in die Hand gaben, erwies sich Preußen als stabilisierendes Bollwerk gegen Radikalisierungstendenzen. Aus diesem Grund war das meist von Otto Braun, einem Sozialdemokraten, geführte Land denjenigen, die sich einen Rechtsruck oder gar eine Rückkehr zur Monarchie wünschten, ein Dorn im Auge.

Als daher Franz von Papen als Reichskanzler mit seinem „Kabinett der Barone“ an die Macht kam und der Übergang zu einer Regierung der nationalen Kräfte unter Einschluss der Nationalsozialisten beschlossene Sache war, hatte die Übernahme Preußens Priorität. Zum einen kam es darauf an, die dortigen Polizeikräfte unter Kontrolle zu bringen, zum anderen war dies auch als Zugeständnis an die NSDAP gedacht, die in Preußen nach der Landtagswahl vom 24. April 1932 zwar stärkste Partei geworden war, aber dennoch keine parlamentarische Mehrheit zusammenbekam, um die Regierung zu stellen. Deshalb wurde beschlossen, einen „Reichskommissar für Preußen“ einzusetzen, der die Geschäfte des preußische Staatsministeriums wahrnehmen sollte.

Als fadenscheinige Begründung für diesen Schritt mussten unter anderem die Ausschreitungen beim „Altonaer Blutsonntag“ am 17. Juli 1932 herhalten, als sich Nationalsozialisten und Kommunisten in Altona (das damals zu Preußen gehörte) Straßenschlachten lieferten, an dessen Ende achtzehn Tote zu beklagen waren. Die Preußische Regierung sei nicht in der Lage, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen, hieß es. Dabei hatten Papen und Hindenburg das Problem, das sie jetzt mit scheinbarer Entrüstung konstatierten, selbst geschaffen, indem sie das kurz zuvor ergangene Versammlungsverbot der SA wieder aufhoben und dem nationalsozialistischen Schlägertrupp damit einen Freibrief für Terror und Mord ausstellten.

So nahm denn das Verhängnis seinen Lauf. Mithilfe der Reichswehr wurde am 20. Juli 1932 die Preußische Regierung abgesetzt, die zwar dagegen protestierte, sich aber nicht wehrte, was zu diesem späten Zeitpunkt auch keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Polizei und der republiktreue Wehrverband Reichsbanner waren der Reichswehr und den rechtsradikalen Freikorps zahlenmäßig unterlegen, abgesehen davon, dass viele Polizisten mit den Rechten sympathisierten und der Schlag gegen Preußen durch den Reichspräsidenten formal legitimiert war. Ein Generalstreik war bei sechs Millionen Arbeitslosen, die nur zu gern die Jobs der Streikenden übernommen hätten, ebenfalls aussichtslos. Deshalb blieb der Preußischen Regierung nur, den Staatsgerichtshof anzurufen, der zwar dem Vorwurf der Pflichtverletzung widersprach, das Vorgehen Hindenburgs und Papens jedoch billigte und damit den Status Quo bestätigte.

 Franz von Papen

Franz von Papen

 

Der Ablauf des Preußenschlags am 20.7.1932 im Einzelnen

  • 7.00: Der Berliner Flugverkehr wird lahmgelegt.

  • 10.00: Polizeipräsident Grzesinski wird im Präsidium seine Amtsenthebung mitgeteilt, Grzesinski legt jedoch Widerspruch ein.

  • 10.08 – 10.28: Papen erklärt in der Reichskanzlei die Preußische Regierung für abgesetzt, der Preußische Innenminister Severing erwidert, nur der Gewalt zu weichen.

  • Anschließend: Papen bespricht mit einigen Vertrauten das weitere Vorgehen; die Ausrufung des Ausnahmezustands wird beschlossen.

  • Gleichzeitig: Dem wegen Krankheit beurlaubten Preußischen Ministerpräsidenten Braun wird ein Brief mit seiner Amtsenthebung zugestellt.

  • 10.30: Wachtposten besetzen die Reichskanzlei.

  • 11.00: Severing ruft den Staatsgerichtshof an.

  • 11.10 – 11.30: In der Reichskanzlei wird eine Pressekonferenz abgehalten.

  • 11.05 – 13.15: Papen unterrichtet in der Reichskanzlei zunächst den Reichsbankpräsidenten, um die Banken zu beruhigen, anschließend empfängt er die Vertreter der anderen deutschen Länder.

  • Mittags: Die Verhängung des Ausnahmezustands wird der Bevölkerung per Anschlag an den Litfaßsäulen bekanntgegeben.

  • 14.00: Weitere Amtsenthebungen erfolgen.

  • 16.00: Die Reichswehr setzt sich in Marsch.

  • 17.00: Reichswehrtrupps besetzen Innenministerium und Polizeipräsidium, der Polizeipräsident, der Polizeivizepräsident und der Kommandeur der Schutzpolizei werden verhaftet.

  • 19.00 – 19.15: Papen rechtfertigt sein Vorgehen in einer Rundfunkansprache.

  • 20.00: Severing weicht der Gewalt.

 

 Quellen:

  •  Wolfgang Benz & Imanuel Geiss: Staatsstreich gegen Preußen 20. Juli 1932 (Landeszentrale für politische Bildung, Düsseldorf o. J.)

  • Bundesrat: Ein Staatsstreich? Die Reichsexekution gegen Preußen, Darstellungen und Dokumente (Bundesrat, Berlin 2007)

  • Léon Schirmann: Altonaer Blutsonntag 17.Juli 1932 (Ergebnisse Verlag, Hamburg 1994)

  • Berliner Tageblatt und Berliner Morgenpost vom Juli 1932.

 

All diese Vorgänge sind Thema des Romans „Preußenschlag“.